Thema Smartphones: Liebe Eltern der neuen Fünftklässler!

Liebe Eltern der neuen Fünftklässler,

ich freue mich, dass Sie sich für die Gutenbergschule entschieden haben und wünsche Ihnen und Ihren Kindern viel Spaß und Erfolg in den kommenden Jahren an unserer Schule. Als Beauftragter für Jugendmedienschutz an der Gutenbergschule möchte ich Sie dabei mit Ratschlägen zur Medienerziehung, und insbesondere zur Nutzung von Handys und Smartphones, nach Kräften unterstützen und Ihnen bereits an dieser Stelle einige wichtige Empfehlungen mitgeben:

Sicherlich beabsichtigen etliche von Ihnen, ihren Kindern zum Übergang auf die weiterführende Schule ein Handy oder gar ein Smartphone zu schenken. Gegen ein einfaches Handy, mit dem man telefonieren und SMS schicken kann, ist in dieser Altersgruppe nichts einzuwenden, obwohl es von Seiten der Schule aus keinen plausiblen Grund gibt, warum Ihre Kinder überhaupt ein Telefon in die Schule mitbringen sollten, denn im Sekretariat kann in Notfällen jederzeit telefoniert werden. An der GBS herrscht bereits seit 2004 ein komplettes Nutzungsverbot für Handys, Spielekonsolen und andere tragbare elektronische Geräte, das auch in der Hausordnung verankert ist. Handys müssen ausgeschaltet und im Ranzen verstaut sein. Bei Verstößen wird das Gerät eingezogen und muss von den Eltern abgeholt werden. Lehrkräfte können diese Regelung für unterrichtliche Zwecke aufheben und auch die Aufenthaltsräume der Oberstufe sind von diesem Verbot ausgenommen.

Von der Anschaffung eines Smartphones für Fünftklässler möchte ich dringend abraten, insbesondere in Verbindung mit mobilem Internetzugang per Flatrate! Ich hatte als Fachberater für Jugendmedienschutz des Staatlichen Schulamts und des Landesschulamts im vergangenen Schuljahr alle Hände voll damit zu tun, digitale Schadensbegrenzung zu betreiben, insbesondere in Fällen von entgleisten peinlichen Fotos und Onlinemobbing per WhatsApp und Facebook, aber auch pädophilen Übergriffen in sozialen Netzwerken. Der Altersschwerpunkt lag dabei in Klasse 7/8, es waren aber auch einige Fälle im Grundschulbereich darunter! Aus meiner Erfahrung gibt es für Besitz und Nutzung von Smartphones durch Kinder unter 14 Jahren keinen einzigen plausiblen oder gar zwingenden Grund, aber jede Menge Argumente dagegen. Ein ganz simpler Aspekt ist etwa, dass die Nutzung von WhatsApp ihrem Kind jede Menge wertvolle Zeit stiehlt, die zu Lasten wichtiger anderer Aktivitäten geht, insbesondere was Hausaufgaben und reale soziale Kontakte angeht. Was Zehnjährige in zwei Stunden per WhatsApp besprechen, lässt sich in fünf Minuten per Telefon klären!

Kinder in diesem Alter sind nach meiner Erfahrung aus den vergangenen fünf Jahren nicht in der Lage, mit einem Smartphone verantwortungsbewusst und überlegt umzugehen, insbesondere wenn ihnen niemand elementarste Nutzungsregeln beibringt, was leider eher die Regel als die Ausnahme ist. Und selbst wenn Sie Ihrem eigenen Kind den reflektierten Umgang mit diesen Geräten vermitteln, kann niemand dieses Kind vor Inhalten schützen, die es von Freunden und Mitschülern zugeschickt bekommt. Mit einem internetfähigen Smartphone geben Sie Ihrem Kind VOLLZUGRIFF auf die komplette Erwachsenenwelt, mit all ihren unbestrittenen Vorzügen, aber auch mit jeglichen negrgativen Auswüchsen, vor denen Sie es im realen Leben aus gutem Grund schützen. Das Internet ist ein kompletter Spiegel des realen Lebens, und das gilt auch für vermeintlich harmlose Websites wie Google, Youtube oder Facebook. Mit zwei bis drei Klicks sind Sie z.B. bei Hardcore Pornografie oder Tötungsvideos. Geben Sie nur einmal in der Google Bildersuche das Wort eklig ein. Die Frage ist nicht, in welchem Alter Sie ihrem Kind diese Möglichkeiten erlauben, sondern vielmehr, wann sie es ihm zumuten wollen!

Google in der HosentascheAuf den Smartphones mancher Unterstufenschüler kursieren Inhalte, die ich hier gar nicht als Beispiele posten dürfte, weil ich mich damit nach dem Jugendschutzgesetz strafbar machen würde. Auch wenn ihr eigenes Kind solche Inhalte abstoßend findet und niemals im Internet danach suchen würde – es genügt ein einziger problematischer Kontakt über WhatsApp, z.B. in der Klassengruppe, um Einschläge in der Seele Ihres Kindes zu erzeugen, die es nur sehr schwer verarbeiten kann und die es Ihnen aus Scham mit hoher Wahrscheinlichkeit vorenthalten wird.

Ein internetfähiges Smartphone ist ein Werkzeug, mit dem man sich selbst und anderen heftige psychische Verletzungen zufügen kann, und für dessen kompetente Nutzung, wie bei jedem anderen Werkzeug, ein gewisser Reifegrad erforderlich ist, über den Kinder unter 12 Jahren aus entwicklungspsychologischer Sicht noch gar nicht verfügen können. Professor Dieter Braus, Leiter der Psychiatrie in den HSK, bezeichnet diese Werkzeuge bei seinen Vorträgen gar als Waffen, er hat zahlreiche Patienten, die mit Smartphoneverletzungen in seiner Praxis  behandelt werden müssen.

Die AGB von WhatsApp erlauben dessen Nutzung erst ab 16 Jahren (!), Facebook ist erst ab 13 erlaubt und auch für auf den ersten Blick harmlose Spiele wie Clash of Clans gilt diese Altersgrenze – wussten Sie z.B., dass es in Clash of Clans hunderte von Clans mit Titeln wie „Deutsches Reich“, „Hitlerjugendcamp“,  oder „SS“ gibt? Mal abgesehen von dem offensichtlichen Interesse solcher Spiele am Taschengeld ihrer Kinder, die mit dem Kauf von virtuellen Juwelen für echtes Geld Bauzeiten verkürzen und ihre Kampfstärke erhöhen können…

Ich werde Sie noch vor den Herbstferien zu einem Medienelternabend einladen, an dem ich Ihnen kurz unser schulisches Medienkonzept vorstellen und anschließend ausführlich aufzeigen werde, warum das Internet kein Kinderspielplatz ist, und möchte Sie bitten, Ihre Entscheidung über den Kauf eines Smartphones zumindest bis zu diesem Elternabend zu vertagen. In jedem Fall sollten Sie sich unbedingt meinen „Handynutzungsvertrag für Kinder“ ansehen, bevor Sie Ihrem Nachwuchs das Tor zur Erwachsenenwelt aufstoßen, darin finden Sie die wichtigsten Smartphoneregeln, die man mit seinem Kind ausführlich besprochen haben sollte!

Meine Handyempfehlungen:

  • Handy nicht vor Klasse 5, Smartphone nicht vor 14 Jahren, mobiler Internetzugang ab 16 Jahren.
  • Schließen Sie keinen Vertrag, sondern kaufen Sie eine Prepaidkarte, das begrenzt u.a. Abzocke mit Abofallen und Premiumnummern.
  • Lassen Sie vom Provider eine Drittanbietersperre einrichten. Das kostet nichts und schützt vor diversen Abzockmaschen. Bei der Telekom und bei Vodafone können Sie auch die Premiumnummern sperren lassen.
  • Erhöhen Sie das Taschengeld um 5 € und lassen Sie Ihr Kind die Kosten für die Prepaidkarte selbst tragen, dadurch lernt es einen bewussten Umgang mit dem Handy.

Wenn Sie sich schon vorher ein Bild machen möchten, haben Sie auch die Möglichkeit, sich auf meiner Website www.medien-sicher.de einen solchen Elternabend als Video anzusehen.

Weitere Ausführungen zum Thema „Smartphones für Kinder?“ finden Sie unter
http://www.medien-sicher.de/2013/11/liebe-eltern-eine-offene-e-mail/

Bis zum Schulstart am 8. September wünsche ich Ihnen und Ihren Kindern schöne Ferien und einen erholsamen Sommer!

Günter Steppich

Beauftragter für Jugendmedienschutz an der Gutenbergschule
Schulberatung Jugendmedienschutz am Landesschulamt Hessen
Fachberater für Jugendmedienschutz am Staatlichen Schulamt
für Wiesbaden und den Rheingau-Taunus-Kreis